Die Höhle der Löwen: Social Pain (#8)

Shownotes

Beim Mittagessen während der Dreharbeiten haben Ralf Dümmel und Georg Kofler eine Idee: Wie wäre es, wenn wir zusammenarbeiten? Die Übernahme von Dümmels DS Produkte durch Koflers Social Chain AG für rund 220 Millionen Euro ist der größte Deal der Löwen-Geschichte. Nach dem Aufstieg in den regulierten Börsenhandel peilt das Team die Umsatz-Milliarde an. Stattdessen folgt zwei Jahre später die Insolvenz. Wie konnte es soweit kommen?

Die Antwort gibt es in der finalen Folge der zweiten Staffel von "OMR Rabbit Hole: Die Höhle der Löwen", einer Produktion von Podstars by OMR.

Redaktion und Recherche: Tanja Karrasch und Florian Rinke Projektmanagement: Florian Severin Postproduktion und Sounddesign: Ignaz Engelmann, Hardy Haufe und Lilly Huynh Coverdesign: Simon Badt Foto & Video: Luisa Wurl Executive Producer Constantin Buer und Vincent Kittmann

Vielen Dank an alle aus dem OMR-Kosmos, die das Projekt unterstützt und möglich gemacht haben.

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00:00:00: Es ist der wohl größte Tag in der jungen Geschichte der Social Chainer G. Doch bevor es

00:00:09: richtig losgeht, macht Wanya Oberhof erstmal ein paar Klimmzüge. Der Vorstandschef greift

00:00:14: nach den Hörnern des großen Bronze Bullen auf dem Vorplatz der Börse in Frankfurt. Er

00:00:19: zieht sich einmal an den Hörnern der Statue hoch, dann noch einmal, dann ist Georg Kofler

00:00:23: an der Reihe. Nur Ralf Dümmel winkt ab. Es ist der 12. November 2021. In etwa einer Dreiviertelstunde

00:00:31: wird die Frankfurter Börse eröffnen, wird auf der großen schwarzen Anzeige tafelt zum

00:00:35: ersten Mal in weißer Schrift der Kurs der Social Chainer G. zu lesen sein. An diesem Freitag

00:00:40: wird das keine zehn Jahre alte Unternehmen in den regulierten Handel an der Börse aufgenommen,

00:00:44: den Prime Standard. Doch bevor es im Handelssaal ernst wird, werden Fotos gemacht. Georg Kofler,

00:00:51: Ralf Dümmel und Wanya Oberhof posieren vor Bulle und Bär, den beiden Wahrzeichen der Börse.

00:00:56: Und dann geht es los. Ein Vertreter der Deutschen Börse begrüßt die Anwesenden. Dann spricht

00:01:10: Wanya Oberhof und seine Worte strotzen genauso vor Kraft wie er gerade draußen am Klimmzug

00:01:15: bullen. Um 9 Uhr werden die Bücher geschlossen. Nun muss der neue Preis der Social Chain-Aktie

00:01:28: ermittelt werden. Am Vortag waren es 49,50 Euro. Liegt der Kurs höher, wird der Börsengang als

00:01:35: Erfolg gewertet. Liegt er niedriger, sieht das ziemlich schlecht aus. Die Anspannung ist greifbar.

00:01:40: Man sieht sie auch in den Gesichtern hinter den FFP2-Masken. Die Zeit vergeht. Eine Minute,

00:01:47: zwei Minuten, drei Minuten. Noch immer hat der Vertreter der Beerenbergbank das Handy am Ohr.

00:01:54: Noch immer telefoniert er. Die Beerenbergbank begleitet den Aufstieg in den Prime Standard.

00:02:00: Ihr Vertreter hat schon signalisiert, es gibt viel Interesse. Dass sich Ralf Dümmels DS-Produkte

00:02:06: und Georg Hoflers Social Chain-Aktie zusammenschließen wollen, hat für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Das

00:02:11: ist gut. Aber es ist noch kein Kurs. Vier Minuten. Warten. Mehr als sechs Minuten sind vergangen,

00:02:20: als Serhat Gündogan von der Beerenbergbank das Telefon weglegt. Er blickt in den Saal und spricht.

00:02:26: "Ladies und Gentlemen, your attention please.

00:02:29: Price for the Social Chain is 54 Euros."

00:02:34: "Welcome to the Prime Standard in Frankfurt."

00:02:41: Georg Hofler, Ralf Dümmel und Vanja Oberhof fallen sich in die Arme. Jubeln. Dann greift Vanja

00:02:49: Oberhof nach der Börsenglocke.

00:02:51: "Es ist der größte Moment der noch jungen Firmengeschichte. Und es ist der Moment,

00:03:00: ab dem bei der Social Chain nichts mehr so läuft wie geplant. Keine zwei Jahre später

00:03:05: wird Vanja Oberhof seinen Job los sein. Und Georg Hofler und Ralf Dümmel werden vor einem riesigen

00:03:11: Scherbenhaufen stehen." "Insolvent, das ist immer der Begriff, der uns ganz schnell ins Videostudio

00:03:18: rennen lässt hier Insolvent der Social Chain AG." "Setzt mich als Kritiker hat diese Meldung

00:03:23: überrascht, denn die Social Chain AG ist jetzt pleite." "Die Aktie war bei Börsengangen noch 54

00:03:29: Euro wert. Jetzt sind es 38 Cent." Im Juli 2023 meldet die Social Chain AG Insolvent an.

00:03:38: Wie konnte es so weit kommen? Mein Name ist Florian Rinke und das ist die letzte Folge von OMR Rabbit Hole.

00:03:46: Die Höhle der Löwen. "Nehmt den Rad an, ich sage wirklich, ihr seid die ersten Unternehmer,

00:03:51: die ich das so klar sage. Hört auf. Diese Idee wird nicht fliegen. Wir machen deswegen richtig, richtig groß."

00:03:58: "Tun dein bestes. Glaube an dich selbst. Du hast ganz viel in den Gipfel."

00:04:04: OMR Rabbit Hole. Die Höhle der Löwen.

00:04:26: Rückblende. Wir sind im Jahr 2018. 3 Jahre vor dieser Testosteronexplosion an der Frankfurter Börse.

00:04:42: Am 20. November 2018 endet die fünfte Staffel von die Höhle der Löwen.

00:04:48: Fast 3 Millionen Menschen haben pro Folge eingeschaltet. Die Quoten sind so hoch wie nie zuvor. Der Hype auch.

00:04:56: Bereits 2017 hat in Köln ein Pop-up Store eröffnet, in dem man DHDL-Produkte kaufen kann.

00:05:02: Seit September 2018 gibt es die Höhle der Löwen nun auch als gedrucktes Magazin.

00:05:07: Der Hashtag DHDL landet regelmäßig auf Platz 1 der Deutschland-Trends bei Twitter.

00:05:12: In der Zielgruppe der 14-49-Jährigen ist die Sendung in 11 von 12 Wochen der Marktführer unter den Primetime-Formaten.

00:05:19: Jahrelang wollte kein Sender das Format in Deutschland haben.

00:05:23: Und als ich Vox 2014 doch traute, musste sich das Team der Produktionsfirma Sony Pictures

00:05:30: ziemlich ins Zeug legen, um 5 Unternehmer*innen davon zu überzeugen, ihr eigenes Geld im Fernsehen zu investieren.

00:05:36: Und auch die Start-ups standen noch nicht Schlange. Beim Start war Höhle der Löwen ein riesiges Experiment.

00:05:42: Für Sony und Vox, aber auch für die Urlöwen, Worall Öger, Jochen Schweizer, Linke Wischhosen, Judith Williams und Frank Thelen.

00:05:49: Sie waren Pionier*innen, die nicht absehen konnten, ob die Investments im Fernsehen am Ende auch zum Erfolg werden würden.

00:05:55: Teil der Sendung zu sein, das war am Anfang mehr Mut als Kalkül, mehr Sprung ins kalte Wasser als rote Teppich-Garantie.

00:06:03: Die Höhle der Löwen ist als eine Art TV-Start-up gestartet. Und die Beteiligten wurden am Ende für diesen Wagemut belohnt.

00:06:11: Aus den Löwen sind im Laufe der Staffeln Popstars geworden.

00:06:15: Beispiel Frank Thelen. Bei LinkedIn folgen dem Investor damals mehr als 100.000 Menschen, mehr als doppelt so viele wie Joe Käser, der damals immerhin Chef des Weltkonzerns Siemens ist.

00:06:25: Und seine Biografie, Start-up DNA, verkauft sich besser als die von Sportstars wie Boris Becker oder Lukas Podolski.

00:06:33: DHDL ist auf dem Höhepunkt. Mehr geht nicht.

00:06:37: In Staffel 6 wird das Löwenrudel noch größer. Zuschauer zahlen und mag dann Teil aber kleiner.

00:06:43: Nils Glagao, Chef des Nahrungsmittel-Ergänzungsherstellers "Automolstöß" dazu. Es gibt dadurch noch mehr Wechsel auf den Stühlen.

00:06:51: Das Prinzip der fünf festen Löwen war anfangs laut Xbox-Chef Bernd Reichert heilig und wurde bislang nur einmal aufgrund der Krankheit von Judith Williams aufgeweicht, als Georg Kofler für sie einsprang.

00:07:02: Nun wird es abgeschafft. Sieben Löwen teilen sich künftig fünf Stühle. Und abseits der Show sorgt die von Flöcke Insolvenz samt der Störgeräusche rund um Gründer David Schirmacher für einen neuen Tiefpunkt in der Entwicklung der DHDL-Start-ups.

00:07:16: Ich finde, was denn? Was stört dich denn, Rudi?

00:07:19: Einfach diese Geschichte immer mit dem Tiefpunkt und nochmal einen Tiefpunkt, dann gibt es nochmal einen niedrigen Tiefpunkt. Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören.

00:07:26: Ist ja okay, aber wir werden ja wohl noch festhalten dürfen, wenn Dinge nicht gut gelaufen sind. Und diese ganze Nummer mit von Flöcke war eben nicht gut gemanagt von Telen.

00:07:34: Das wirkte doch einfach so, als habe Telen seine Popularität dafür eingesetzt, ein Start-up zu unterstützen, bei dem er eigentlich schon gerne aussteigen wollte.

00:07:42: Ich verstehe gar nicht, wo die Schärfe jetzt herkommen. Ich habe die nicht reingeworfen.

00:07:45: Ja du nicht! Du ziehst hier ein Locker bequem hier auf der Stuhl, das greift Weizenlege drungen. Bist du ein Locker?

00:07:50: Ach komm, Rudi, jetzt werden wir mal wieder sachlich.

00:07:53: Ich fange einfach nochmal anders an. Und dafür müssen wir noch einen Schritt zurückgehen. Nämlich ins Jahr 2005, also zwei Jahre nach dem legendären Ausraster vom damaligen Fußballbundestrener Rudi Völler nach dem Spiel gegen Island.

00:08:06: Am 14. November 2005 veröffentlicht der US-Tech-Konzern Yahoo einen Blog-Post, in dem er ein neues Produkt ankündigt. Shoppersphere.

00:08:17: Damit können nutzende bei Yahoo künftig quasi so Einkaufs-Listen anlegen und anderen damit Produkte empfehlen. Also zum Beispiel sowas wie "The Must-Haves" für einen Campingausflug.

00:08:28: Die Idee von Yahoo ist, durch die Personalisierung soll zusätzliches Vertrauen hergestellt werden, weil die Menschen merken, dass die Empfehlungen von anderen Menschen kommen.

00:08:37: Über die Listen können die Produkte dann auch gekauft werden. Es ist eine neue Art des Einkaufs im Netz, für die Yahoo in seinem Blog-Post auch einen Begriff wählt. Social Commerce.

00:08:47: Es ist, wenn ich bei meinen Recherchen nichts übersehen habe, die Geburtsstunde dieses Begriffs, der eine neue Form von E-Commerce beschreiben soll.

00:08:55: Denn Online-Käufe sollen dabei mit Social Media verschmelzen. Was anfangs noch relativ rudimentär mit diesen personalisierten Einkaufs-Listen startet, setzt sich später bei den großen Social Media-Plattformen fort.

00:09:06: Auch die Facebook-Livestreams, die David Schirmacher startet, um die Abverkäufe bei von Flirke zu pushen, passen in dieses Raster.

00:09:13: Das Potential weckt damals viele Hoffnungen. Könnte man jetzt nicht einfach über Social Media neue Marken aufbauen? Es gibt viele Startups, die damals ihr Glück versuchen.

00:09:23: Denn plötzlich muss man nicht mehr bei DM, Rossmann und Co. in den Regalen landen, um eine Kosmetikmarke aufzubauen.

00:09:29: Man braucht keinen Zugang zu EDECA, REWE und Co. um Lebensmittel zu verkaufen. Man muss nicht mal mehr bei Otto, Quelle und Co. gelistet sein, damit das eigene Modellabel bekannt wird.

00:09:38: Direct to consumer. Das ist noch so ein Begriff, der damals Begehrlichkeiten weckt.

00:09:43: Unternehmen können viel mehr verdienen, wenn sie ihre Produkte direkt an Konsument*innen verkaufen können und nicht noch mit dem Handel teilen müssen.

00:09:50: In Deutschland wurde 2015 beispielsweise in Berlin das Startup Invincible Brands gegründet, das verschiedene Marken nur über Social Media und Kooperation mit Influencern aufbaut.

00:10:00: Hello Body, Mermaid & Me oder Banana Beauty. Das sind Marken, von denen man offline häufig nichts mitbekommt, die aber online extrem erfolgreich sind.

00:10:10: [Musik]

00:10:23: Ich hatte es ja schon erzählt. Nach seiner Zeit als Premiere-Chef hatte sich Georg Kofler eigentlich aus dem Medienchef zurückgezogen.

00:10:30: Aber so ganz hat ihm diese Welt eben doch nie losgelassen. Und schon bei der Kooperation mit Judith Williams wird klar, Kofler hat große Pläne.

00:10:38: 2016 hatten sich die beiden zusammengetan, um gemeinsam die DHDL-Stardups von Judith Williams zu verwalten.

00:10:45: Doch nicht mal zwei Jahre später geht man schon wieder getrennte Wege.

00:10:49: Georg Kofler hat mir in unserem Gespräch gesagt, dass sei nötig gewesen, weil er vom Teilzeit-Löwen zum Vollzeit-Löwen geworden sei.

00:10:55: Und dann geht es natürlich nicht, dass da zwei Löwen dieselbe Firma hier haben, wir müssen ja als Wettbewerber auftreten.

00:11:02: Doch es gibt 2018, als die Trennung publik wurde, auch noch eine andere Erklärung.

00:11:07: Die beiden hatten offenbar ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, wie sie es da der Portfolio aufbauen wollen.

00:11:13: Georg Kofler soll deutlich größer gedacht haben als Judith Williams, die sich vor allem auf den Kosmetikbereich konzentrieren will, berichtet damals die Bildzeitung.

00:11:21: Aus meiner Sicht klingt das total plausibel. Denn Judith Williams ist auch in der Show-By-Investment sehr zurückhaltend

00:11:28: oder schlägt gefühlt so schlechte Deals vor, dass die Gründer*innen im Grunde nur ablehnen können.

00:11:33: Georg Kofler hingegen greift regelmäßig nach den Sternen.

00:11:37: Als ihn Sony-Chefin Astrid Quentell in Miami auf dem Golfplatz erreicht, um ihn zu fragen, ob er für die erkrankte Judith Williams einspringen kann,

00:11:44: ist er gerade in den USA unterwegs, um zu gucken, ob man den Popcorn-Loop nicht ins US-Tele-Shopping bringen kann.

00:11:50: Vielleicht erinnert ihr euch, der Popcorn-Loop ist ein Investment von Judith Williams und Wural Öger aus den ersten Staffeln.

00:11:56: Mit dem Küchenhelfer soll Popcorn immer gelingen. Doch schon der Start ist ein reines Chaos,

00:12:01: weil die Qualität der Produkte nicht stimmt und es Probleme mit dem Differanten gibt.

00:12:05: Die Idee, weltweit mit dem Gerät zu expandieren, klingt da mehr als ambitioniert.

00:12:10: Am Ende wird das Start-up auch Insolvenz anmelden müssen.

00:12:14: Georg Kofler sagt, er und Judith Williams hätten dabei ordentlich Lehrgeld bezahlt.

00:12:19: Und auch mit Social Chain denkt er maximal groß.

00:12:23: Ich habe euch ja in der 7. Folge erzählt, dass er in Großbritannien bei der Social Media Agentur Social Chain

00:12:29: von Dragon's Den Investor Steven Bartlett eingestiegen ist.

00:12:32: Den kennt ihr vielleicht auch von seinem Podcast "Diary of a CEO".

00:12:36: Allein der Kanal bei YouTube hat mehr als 7 Millionen Abonnent*innen.

00:12:39: Und dieses Agenturgeschäft verschmelzt Georg Kofler unter anderem mit der Lions Chain,

00:12:44: also dem Unternehmen, das er mit Judith Williams zusammen aufgebaut hatte.

00:12:48: Georg Kofler beginnt damals, aus verschiedenen Firmen ein gemeinsames Unternehmen zu schmieden.

00:12:53: Medien und Produkte unter einem Dach, das soll der Schlüssel zum Erfolg werden.

00:12:58: Georg Kofler sagt, die jungen Leute hätten ihn fasziniert,

00:13:01: weil sie offenbar in der Lage sind, auch eigene Communities bei Social Media aufzubauen.

00:13:06: Im OMR-Podcast hat er mal erzählt, was er damals gedacht habe.

00:13:10: Aha, das ist dann aber interessant, nicht nur eine Agentur,

00:13:13: sondern auch eigene Reichweiten, sozusagen eine Agentur mit angeschlossenen Fernsehsenden.

00:13:18: Einfach übersetzen.

00:13:19: Der Einstieg bei Social Chain sorgt für die Reichweite.

00:13:22: Der Einstieg bei verschiedenen E-Commerce Firmen für die Produktpalette.

00:13:26: So, und dann ist uns in Berlin öfters öfter mal ein gewisser,

00:13:31: wann ja, Oberhof über den Weg gelaufen, der mir gefallen hat,

00:13:35: weil er so einen unternehmerischen Impetus hatte, so eine Passion,

00:13:39: und gesagt hat, ja, ich erwerbe das und das, und das ist bei Luma Land eingestehen.

00:13:44: Und die haben mich beeindruckt durch ihr Amazon Know-How,

00:13:47: also durch dieses Produkt Know-How, Produktsourcing, Logistik,

00:13:51: neue Produkte entwickeln, quasi die anderen Komponente,

00:13:55: die wir gebraucht haben, was wir heute Social Commerce nennen, zu betreiben.

00:14:00: Wann ja Oberhof.

00:14:01: Den Namen habt ihr ja ganz am Anfang schon mal gehört,

00:14:04: weil er beim Börsengang der CEO der Social Chain AG ist.

00:14:07: Und vorher hat er diesen Posten eben auch bei der Luma Land AG.

00:14:11: Luma Land, die verkaufen Sitzsäcke.

00:14:13: Es ist ein relativ kleines Geschäft,

00:14:15: trotzdem ist das Unternehmen an der Börse in Düsseldorf im unregulierten Handel notiert.

00:14:20: Unregulierter Handel, das bedeutet, dass die Aktien des Unternehmens

00:14:24: zwar an der Börse gehandelt werden können,

00:14:26: die Firmen in diesem Segment haben aber weniger Transparenzpflichten

00:14:30: als die Unternehmen im sogenannten regulierten Prime Standard.

00:14:33: Dadurch bekommen Anleger*innen weniger Informationen.

00:14:36: Viele große Vorgesellschaften und institutionelle Anleger*innen

00:14:39: investieren daher in diesem Börsensegment nicht.

00:14:42: 2019 wird die Social Chain Group mit der Luma Land AG verschmolzen.

00:14:47: Anschließend wird die Firma in der Social Chain AG umbenannt.

00:14:51: Der Name Luma Land verschwindet dafür.

00:14:54: Und schwupp die Wupp.

00:14:55: Ende 2019 ist Mehrheitsgesellschafter Georg Hofler ohne klassischen Börsengang

00:15:00: mit seinem Firmenkonstrukt plötzlich an der Börse.

00:15:03: Oder wie Boris Becker sagen würde, bin ich ja schon drin oder was?

00:15:06: Ich bin drin. Das ist ja einfach.

00:15:09: Zu behaupten, es wäre ein Zusammenschluss von zwei starken Partnern,

00:15:12: wäre wohl etwas euphemistisch.

00:15:14: Zusammen machen die Unternehmen und Beteiligungen wie der Matratzenverkäufer Ravensberger

00:15:18: unter dem Dach der neu gegründeten Social Chain AG

00:15:21: gerade mal rund 51 Millionen Euro Umsatz

00:15:23: und dabei auch noch einen Verlust von rund 17 Millionen Euro.

00:15:27: Das Start-ups Verluste machen ist nicht ungewöhnlich.

00:15:30: Im Gegenteil, um schnell Markanteile zu gewinnen,

00:15:33: nehmen viele junge Unternehmen Anlaufverluste in Kauf,

00:15:35: um stattdessen beispielsweise durch hohe Marketingausgaben

00:15:38: das Unternehmen bekannter zu machen.

00:15:40: Andere DTSI-Player wie Invincible Brands

00:15:43: kommen damals allerdings auf deutlich höhere Umsätze

00:15:46: und sind dabei auch noch profitabel.

00:15:48: Denn das ist ja eigentlich auch die Idee hinter Social Commerce,

00:15:51: dass man eben sehr profitabel Marken aufbauen kann,

00:15:54: weil man über Social Media und Co. die Menschen direkt erreicht.

00:15:57: Dennoch, an der Börse entwickelt sich die Aktie der Social Chain AG zunächst sehr gut.

00:16:02: Im Oktober 2019, als der Zusammenschluss vollzogen wurde,

00:16:06: liegt der Börsenwert bereits bei mehr als 200 Millionen Euro.

00:16:09: Was man dazu aber wissen muss,

00:16:11: der Großteil der Aktien befindet sich damals im Besitz von Georg Kofler und seinen Mitstreitern.

00:16:16: Dadurch reicht schon ein geringes Handelsvolumen aus,

00:16:19: um größere Kursbewegungen auszulösen.

00:16:21: Das Manager Magazin hat mal berichtet,

00:16:24: ein Handelsvolumen von 4,1 Millionen Euro habe seinerzeit ausgereicht,

00:16:28: um den Börsenwert um rund 130 Millionen Euro anzuheben.

00:16:32: Und auch nach dem Börsengang durch die Hintertür geht der Firmenaufbau munter weiter.

00:16:37: Ende 2019 übernimmt Social Chain den Wohnassist-Bah-Händler Urbanara.

00:16:42: Anfang 2020 beteiligt man sich auch am Lebensmittelhändler Koro.

00:16:46: Kleiner Disclaimer, an Koro hält auch OMR einen kleinen Anteil.

00:16:51: Bezahlt werden die Kaufpreise damals jeweils in Aktien.

00:16:54: Doch parallel zur Shopping-Tour passiert etwas,

00:16:56: das Kofler und Co. nicht auf dem Schirm gehabt haben.

00:16:59: Am Tag vor der Verkündung des Einstiegs bei Koro

00:17:02: steht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am 24. Februar 2020 in Berlin vor der Presse

00:17:07: und informiert über ein neuartiges Virus, das zuerst in China aufgetaucht ist,

00:17:12: inzwischen aber auch immer häufiger in Deutschland nachgewiesen wird.

00:17:15: Wir blicken mit Sorge auf die Ausbreitung des Coronavirus in Norditalien.

00:17:20: Es gibt dort bereits mehr als 160 Infizierte und fünf Todesfälle.

00:17:25: Die Infektionsketten sind teilweise nicht mehr nachzuvollziehen.

00:17:30: Ein Monat zuvor war bei einem Mann aus dem bayerischen Landkreis Starnberg

00:17:34: das erste Mal auch in Deutschland das Coronavirus nachgewiesen worden.

00:17:37: Damals hatte man das Risiko einer Ausbreitung für Deutschland noch als gering eingestuft.

00:17:42: Ein Monat später, im Februar 2020, klingt das schon anders.

00:17:46: Die Epidemie, sagt Jens Spahn, sei in Europa angekommen.

00:17:50: Als sich auch in Deutschland immer mehr Menschen infizieren, reagiert die Politik mit drastischen Maßnahmen.

00:17:56: Bund und Länder einigen sich auf weitreichende Schließungen.

00:18:00: Schulen, Kindergärten, Kirchen, Moscheen, aber auch ein Großteil der Geschäfte im stationären Handel.

00:18:06: Die Politik drückt auf die Pausetaste.

00:18:09: An den Börsen brechen damals die Aktienkurse ein.

00:18:13: Am 18. März 2020 wendet sich die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Ansprache ans Volk.

00:18:20: "Die Lage sei ernst", sagt die Kanzlerin. Und bittet die Menschen darum, sie auch ernst zu nehmen.

00:18:25: Es geht darum, das Virus auf seinem Weg durch Deutschland zu verlangsamen.

00:18:31: Und dabei müssen wir das existenziell auf eines setzen.

00:18:36: Das öffentliche Leben so weit es geht, herunterzufahren.

00:18:40: Auch der Kurs der Social Chain AG stürzt in dieser Phase, wie die Kurse so vieler unternehmen, drastisch ab.

00:18:47: Anfang des Jahres stand die Aktie noch bei fast 18 Euro. Nun sind es weniger als 8 Euro.

00:18:52: Doch je länger die Menschen zu Hause sind, umso mehr setzt sich eine Erkenntnis durch.

00:18:57: Die Entwicklungen rund um das Coronavirus werden auch Gewinner produzieren.

00:19:01: Und das gilt besonders im Bereich des Onlinehandels.

00:19:05: Und so setzt schon bald ein wahrer Börsenboom ein, bei dem sich die Werte einzelner Firmen rasant vervielfachen.

00:19:11: Trading-Apps wie Robinhood oder Trade Republic haben den Handeln mit Aktien extrem einfach und günstig gemacht.

00:19:17: Gleichzeitig sitzen die Menschen zu Hause und haben weniger Möglichkeiten, anderenorts ihr Geld auszugeben.

00:19:23: Bereits im Mai 2020 registriert die deutsche Finanzaufsicht Bafin, dass deutlich mehr Privatanleger*innen an den Börsen aktiv sind und Aktien kaufen.

00:19:32: Nicht nur in Deutschland ist das Börsenfieber ausgebrochen. Und wie heißt es so schön? Die Flut hebt alle Boote.

00:19:39: Der Aktienkurs vom Onlinemöbelhändler Hum24 verzehntfacht sich nahezu auf mehr als 20 Euro.

00:19:45: Dabei schreibt das Unternehmen selbst im Corona-Jahr 2020 noch Verluste, obwohl die Menschen zu Hause sitzen und viele Orts ihre eigenen vier Wände neu einrichten.

00:19:53: Der Kurs von Westwing, lange Zeit bei unter 5 Euro, explodiert innerhalb weniger Monate auf mehr als 50 Euro.

00:20:00: Im Mai 2021 ist der Online-Shop für Möbel und Wohnassist wars erstmals mehr als 1 Milliarde Euro wert.

00:20:07: Die Lieferplattform Delivery Hero schafft es trotz hoher Verluste im September 2020 sogar in den deutschen Light Index Ducks.

00:20:15: Später werden dort auch noch der Online-Moderhänder Zalando und der Kochboxenversender HelloFresh landen.

00:20:21: Selbst kleine Digitalwerte vervielfachen sich damals im Wert.

00:20:25: Der Kurs der Aktie des Düsseldorfer Streaming Anbieters klickt digital, von dem ich vorher noch nie gehört hatte, steigt im Jahr 2020 zum Beispiel um 480 Prozent.

00:20:34: Das Plus lag siebenmal so hoch wie beim Streaming-Riesen Netflix.

00:20:38: Wie so genau? Das ist damals, habe ich das Gefühl, manchmal gar nicht mehr so wichtig.

00:20:43: Die Kurse werden schon weitersteigen und da will man ja rechtzeitig dabei sein.

00:20:47: Die Social Chain AG ist zu diesem Zeitpunkt mehr eine große Vision als ein solider aufgestelltes Unternehmen.

00:20:53: Klar, im Portfolio sind etliche Firmen, die mit ihren Produkten wie Sitzsecken, Matratzen oder auch trockenen Lebensmitteln gut in die Zeit passen.

00:21:02: Aber dem Beweis, dass das Konzept von der Verschmelzung von Social Media und E-Commerce wirklich aufgeht, hat das Unternehmen eben noch nicht wirklich sichtbar erbracht.

00:21:10: Der Aktienkurs steigt dennoch nach dem Absturz im Frühjahr wieder deutlich an.

00:21:15: Im August 2020 liegt er bereits bei mir als 20 Euro.

00:21:19: Und als die Social Chain Tochter Ura Banara im September den Wohnassist war an Bieter Barefoot Living übernimmt,

00:21:24: freut sich Social Chain CEO Vanja Oberhof, dass man künftig mit Barefoot-Gründer und Schauspieler Til Schweiger zusammenarbeiten werde.

00:21:32: Hohe Kurse, große Namen und mit dem Thema Social Commerce eine Idee, die in den Zeitgeist passt.

00:21:38: Das klingt nach einer guten Kombination. Nur die Geschäftszahlen sind im Jahr 2020 weiterhin rot.

00:21:44: Vorstandschef Vanja Oberhof und Aufsichtsratschef Georg Kofler dürfte damals klar gewesen sein.

00:21:49: Damit der Kurs der Social Chain AG wirklich abhebt, braucht es den nächsten Schritt, den Aufstieg in den regulierten Handel, um die Aktie für Anleger*innen interessanter zu machen.

00:21:58: Und dafür braucht es im Idealfall noch eine gute Story, wie einen Einstieg bei der Social Chain AG auf den ersten Blick zu einer großen Chance macht.

00:22:06: Was Georg Kofler damals nicht weiß, ausgerechnet bei Höhle der Löwen, sollte sich schon wenige Monate später genau solch eine Chance ergeben.

00:22:15: Bevor sie löwen wurden, kannten sich Ralf Dümmel und Georg Kofler nicht. Woher auch?

00:22:31: Die Lebenswelten des Handelsexperten aus Norddeutschland und des Medienunternehmers aus Südherol waren gänzlich verschieden.

00:22:37: Berührungspunkte entwickeln sich bei den Pitches dann aber ziemlich schnell.

00:22:41: Also ich möchte euch ein Angebot machen. Ihr kriegt 150.000 Euro und ich hätte dafür gerne 30%.

00:22:48: Ich möchte nicht, dass man sich wegen Geld um Prozent entscheidet. Ich würde auch das Angebot machen. 150.000 Euro für 30%.

00:23:00: Es gibt immer wieder Situationen, so wie hier, bei dem Fahrzeugpflege-Startup Gentle Monkey, in denen Ralf Dümmel und Georg Kofler bei Deals gegeneinander antreten.

00:23:08: Das wohl berühmteste Duell ist damals vermutlich Wapo-Vesp. Damals treten zwei Gründerinnen bei DHDL auf, Mutter und Tochter und präsentieren ihre Idee.

00:23:18: Sie haben eine Räucherbox entwickelt, mit der sich Wespen vertreiben lassen.

00:23:22: Kaum ist der Pitch vorbei, macht Georg Kofler direkt ein Angebot und bietet den Gründerinnen die geforderten 75.000 Euro für 35% am Unternehmen.

00:23:45: Als wir Ralf Dümmel und Georg Kofler zu den Interviews für den Podcast treffen, erzählen uns beide, wie es damals aus ihrer Sicht weitergegangen ist.

00:23:51: Denn auch Dümmel macht den Gründerinnen ein Angebot.

00:23:54: Also es gab ja wenige Produkte, die die so wirklich haben wollten. Der Ralf brennt dann ja immer total und ist sauer, wenn er das nicht kriegt.

00:24:02: Also bei mir ist da die Leidenschaft nicht so groß für ein Projekt. Aber das eine war, da gab es dieses Wapo-Vesp.

00:24:10: Da kam eine schwäbische Mutter mit ihrer Tochter her und hat dieses Wespenabwehrmittel davorgestellt.

00:24:16: Und das hat mich so überzeugt.

00:24:18: Neben Ralf Dümmel und Georg Kofler bietet auch Judith Williams mit, während Karsten Maschmayer und X-Formel 1-Weltmeister Nico Rosberg, der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls als Löwe dabei ist, aussteigen.

00:24:28: Die Gründerinnen ziehen sich zurück, um zu überlegen.

00:24:31: Und dann ist Nico hinterhergelaufen, was alle irritiert hat. Und dann hatten Judith und ich aber Angst, weil Nico die ganze Zeit so gut gesprochen hat, ob der vielleicht den Deal dahinten macht.

00:24:42: Ich hatte Angst, dass sie den Deal macht. Und dann sind Judith und ich hinterhergelaufen.

00:24:45: Georg Kofler bleibt im Studio zurück. Judith Williams und Ralf Dümmel bekommen von den Gründerinnen den Hinweis, dass sie sie gerne beide mit an Bord hätten.

00:24:53: Doch das möchte Ralf Dümmel nicht im Gang mit ihnen besprechen. Das sei unfair gegenüber Georg Kofler, sagt er. Sie gehen zurück ins Studio und Georg Kofler fordert eine Erklärung.

00:25:03: Ich sag, Nico, was machst du da hinten? Sag mal gefälligst, was du da hier erzählt hast. Nee, sag ich dir nicht.

00:25:09: Und das fand ich da schon ärgerlich in einer Sendung, wo drei Millionen Leute zuschauen. Die Zuschauer hätten sowieso erfahren.

00:25:16: Und dann hat der Kassen manchmal nach der Sendung noch zu mir gesagt, da haben wir immer so einen kleinen Nachklapp.

00:25:22: Und sagt er, Georg, was würdest du denn dafür geben, wenn du wüsstest, was da Nico denen da gesagt hat?

00:25:27: Das hat aber Georg Kofler so verärgert, dass er sein Mikro rausgerissen hat.

00:25:31: Und auch irgendwie, ich glaube, ihr könnt mir alle in den Buckel runterrutschen oder irgendwas hat er gesagt.

00:25:35: Und da war aber Action in der Höhle also. Und Georg ist rausgelaufen, irgendwie. Ich glaube, der hat sich schon ein Taxi bestellt.

00:25:41: Ich glaube, der wollte nach Hause fahren.

00:25:42: Aber das ist ein Moment, wo ich dachte, ich reise, ich bin auf dem Parkplatz da draußen rumgegangen.

00:25:47: Ich habe am Fenster gestanden in meiner Garderobe und konnte sehen, wie der am Parkplatz in meinem Hohen hergeht.

00:25:51: Und die Produktionschefin hat ihn irgendwie versucht, einzufangen.

00:25:54: Und hinter mir kamen dann verschiedene Leute des Produktionsteams.

00:25:59: Und ich habe gesagt, Freunde, bitte nicht ansprechbar und so weiter.

00:26:03: Nico Rosberg und Georg Kofler haben sich übrigens wieder vertragen.

00:26:06: Was ich an diesem Pitch aber so spannend finde, ist die Konstellation.

00:26:10: Denn einerseits bietet Georg Kofler da ja gegen Judith Williams, mit der er zuvor selbst noch Investments gemacht hat.

00:26:16: Und andererseits bietet er gegen Ralph Dimmel. Und mit dem will er schon bald gemeinsam investieren.

00:26:22: Denn auch, wenn die Folge erst im Frühjahr 2022 ausgestrahlt wird, aufgezeichnet, wurde sie bereits ein Jahr zuvor, im Frühjahr 2021.

00:26:31: Und da duellieren sich Georg Kofler und Ralph Dimmel zwar im Studio,

00:26:35: aber zwischen den Pitches sitzen die beiden irgendwann beim Mittagessen zusammen.

00:26:39: Es gibt Thailandisch. Sie sprechen über das Geschäft und darüber, die gut man sich eigentlich ergänzen würde.

00:26:46: Auf der einen Seite DS Produkte mit seiner Kompetenz im stationären Handel und den guten Verbindungen nach Asien.

00:26:52: Auf der anderen Seite die Social Chain AG, mit ihrer Kompetenz im digitalen Bereich und ihrer Idee, rund um Produkte Marken aufzubauen.

00:27:00: Es ist nur ein loser Austausch, aber die Idee bleibt auch nach dem Essen in den Köpfen der beiden.

00:27:05: Und irgendwann klingelt bei Georg Kofler das Telefon. Ralph Dimmel ruft an.

00:27:10: Ich war gerade in Südtlund unterwegs und gesagt, du, wir haben hier gerade eine strategische Klausur über die Weiterentwicklung hier der DS-Gruppe.

00:27:18: Und da bist du mir eingefallen, wär das nicht eine Idee, wenn wir zusammengehen.

00:27:22: Dann habe ich gesagt, poch, da denke ich gerne drüber nach.

00:27:25: Lange muss Georg Kofler nicht nachdenken. Im Gegenteil, nun geht alles ganz schnell.

00:27:30: Knapp dreieinhalb Monate nach den ersten Gesprächen steht der Deal.

00:27:34: Für den Georg Kofler später sogar seinen Löwenposten räumen wird.

00:27:37: Zwei Geschäftsparten an einem Löwenrudel. Das funktioniert eben nicht.

00:27:41: Im Oktober 2021 wird die Übernahme verkündet.

00:27:45: Für 220,5 Millionen Euro übernimmt die Social Chain AG die DS Holding GmbH.

00:27:51: Damit wandert nicht nur DS Produkte unter das Dach der Social Chain, sondern auch die DHDL-Deals von Ralph Dimmel.

00:27:57: Und der Löwe selbst soll neuer Produktvorstand werden.

00:28:00: 100 Millionen Euro des Kaufpreises werden in Bar bezahlt. Der Rest in Aktien.

00:28:05: Dass der Preis damit unterhalb des jährlichen Umsatzes von voraussichtlich 270 Millionen Euro für das Jahr 2021 liegt, verwundert schon damals manche Beobachter*innen.

00:28:15: Bei Manager Magazine räumt man zwar ein, dass DS Produkte öffentlich keine Gewinner ausweist, eine genaue Beurteilung also schwer sei.

00:28:22: In einem Text zur Übernahme heißt es trotzdem, in der Regel wird in der Branche ein mehrfaches des Umsatzes als Kaufpreis bezahlt.

00:28:30: Und auch die Frage, wie viel Wachstum durch DS Produkte möglich ist, kommt damals schon auf.

00:28:35: Denn 2017 hatte Ralph Dimmel in einem OMR Podcast mal von 250 Millionen Euro Jahresumsatz gesprochen.

00:28:41: Nun, knapp vier Jahre später, sollen es 270 Millionen Euro sein.

00:28:46: DS Produkte wächst also, aber offenbar nur langsam.

00:28:50: Doch für Social Chain Chef Wanya Oberhof und Großaktionär Geo Kofler dürfte das erst mal zweitrangig gewesen sein.

00:28:57: Nicht mal einen Monat nach der Übernahme der DS Holding steigt die Social Chain AG in den Prime Standard an der deutschen Börse auf.

00:29:04: Denn mit der Übernahme hatten sie ihre Börsen-Story, jene große Erzählung, die sie brauchten, um das Unternehmen für Anleger*innen attraktiver zu machen.

00:29:12: Mit dem Kauf einer Aktie der Social Chain AG kauft man ja nicht mehr primär einen Anteil, an einem rote Zahlenschreibenden Gemischtwarenladen aus E-Commerce Firmen und Agenturgeschäft.

00:29:22: Im Grunde kauft man ja nicht mal nur eine Aktie, sondern eine Löwenaktie.

00:29:27: Und da wirken selbst 220 Millionen Euro Kaufpreis für eine Firma mit 270 Millionen Euro Umsatz plötzlich wie ein Schnäppchen. Für den Verkäufer.

00:29:36: Denn im OMR-Podcast, den Geo Kofler und Reif Dümmel direkt aus der Börse Frankfurt aufnehmen, rechnet Geo Kofler vor,

00:29:43: dass der Verkaufspreis allein durch den Kursanstieg von knapp 10 Euro am Tag des Börsengangs um mehrere Millionen Euro gestiegen sei.

00:29:50: Reif Dümmel und Co. hätten also schon jetzt viel mehr verdient, als beim Verkauf gezahlt wurde.

00:29:55: Zumindest auf dem Papier.

00:29:57: Also ist der Preis mittlerweile nicht 220, sondern 250 Millionen Euro.

00:30:02: Und das Schöne an der Geschichte ist ja, dass der Ralf und ich und unser ganzes Team und natürlich seine Vorstandskollegen auf daran arbeiten,

00:30:11: dass dieser Kaufpreis sich quasi Monats für Monat erhöht und in ein, zwei Jahren wirst du sagen, hoppla, da hat aber der Ralf super verhandelt.

00:30:20: Ich hatte es ja gesagt. Am 12. November 2021 ist die Euphorie der Social Chain-Männer erst mal riesig.

00:30:27: Da macht der CEO Vanja Oberhoff Klimzüge an einer Bronze-Statue.

00:30:31: Da kündigt Reif Dümmel schon mal Millionen Umsätze mit einer Heißluft-Fritöse an.

00:30:35: Während Geo Kofler davon träumt, den bislang zur DS-Holing gehörenen Grillhersteller Landmann zum nächsten Webergrill zu machen.

00:30:42: Innerhalb von zwei Jahren kündigen die beiden an, soll der Umsatz der Social Chain AG auf eine Milliarde Euro wachsen.

00:30:48: Und dabei sollen alle profitieren, weil die Online-Verkäufe den stationären Handel nicht kanibalisieren würden,

00:30:54: sondern ergänzen und Millionen Handzettel mit Produktwerbung den Markenaufbau beschleunigen.

00:30:59: Wer den beiden knapp eine Stunde lang zuhört, hat das Gefühl, dass das

00:31:16: dass das alles ein No-Brainer sei, auf den nur noch niemand gekommen ist.

00:31:06: Quasi ein ganz einfaches Erfolgsrezept.

00:31:09: Man nehme ein paar Produkte, verrühre sie mit ein bisschen Online-Marketing, füge eine

00:31:14: prise Influencer-Korporation hinzu und vermische das mit ein paar tausend stationären Händlern.

00:31:19: Fertig ist die Umsatz-Milliarde.

00:31:21: Und was aus Sicht der vielen DHDL-Fans im Land noch viel besser ist?

00:31:25: Jahrelangen konnten sie nur vor dem Bildschirm mit den Gründer*innen mitfiebern und den

00:31:29: Löwen dabei zuschauen, wie sie Woche für Woche ein vermeintlich geniales Startup nach

00:31:33: dem anderen finanzieren.

00:31:34: Der Nimbus der genialen Geschäftsleute wurde dabei von der Vox-Show mit viel Aufwand

00:31:38: gepflegt, indem etwa in Rückblenden oder durch Besuche bei Startups aus älteren Staffeln

00:31:43: immer wieder gezeigt wird, wie groß die Erfolge der Startups über die Show hinaus sind.

00:31:48: Bislang konnte man als Zuschauer*innen die Löwen nur beobachten.

00:31:51: Doch 2021 ändert sich das, denn da kann man endlich gemeinsam mit den Löwen investieren.

00:31:58: Frank Thelen hatte zwar Ende 2019 seinen Ausstieg bei DHDL verkündet, aber als er im September

00:32:04: 2021 seinen eigenen Fonds 10XDNA startet, ist in den Medien natürlich dennoch nahezu

00:32:10: überall ein Verweis auf die Sendung zu lesen.

00:32:12: 100 Millionen Euro möchte Frank Thelen zum Start einwerben und kündigt an, auch eigenes

00:32:18: Geld in den Fonds zu investieren, der damit bahnbrechende Technologiefirmen finanzieren

00:32:22: soll.

00:32:23: Anleger*innen müssen dafür zwar anders als beispielsweise bei ETF-Fonds deutlich mehr

00:32:28: Verwaltungsgebübe bezahlen, aber dafür kümmert sich Ex-Löwe Thelen eben auch persönlich

00:32:33: als Chief Research Officer hauptverantwortlich um die Zusammenstellung des Portfolios.

00:32:38: Thelen rührt damals kräftig die Werbetrommel für seinen Fonds.

00:32:42: Konnte man bislang als Privatperson nur bei Crowdinvesting-Projekten in einzelnen Löwen-Startups

00:32:47: investieren, kann man nun gemeinsam mit den Löwen und Ex-Löwen an der Börse verdienen.

00:32:51: Bei Thelen durch den Kauf von Anteilen an seinem Fonds und bei Dümmel und Kofler durch den

00:32:55: Kauf einer Löwenaktier.

00:32:57: Und tatsächlich, laut Georg Kofler haben den Aufstieg in den Prime Standard offenbar etliche

00:33:03: Anleger*innen zum Einstieg genutzt.

00:33:05: Die Anzahl unserer Aktionäre hat wirklich enormen Zugenommen.

00:33:09: Am Anfang des Jahres hatten wir 1000 Aktionäre.

00:33:12: Am Ende des heutigen Tages vermutlich mal werden wir über 4000 Aktionäre haben.

00:33:17: Wir haben für den Podcast mit jemandem gesprochen, der bereits vor dem Aufstieg in den Prime

00:33:24: Standard investiert hatte.

00:33:26: Er hat all die Erzählungen über Communities und Influencer gehört.

00:33:30: Er hat erlebt, wie CEO Vanya Oberhof große Ambitionen verkündete.

00:33:34: Und wie das alles nicht zu den nackten Zahlen passte, die er in den Geschäftsberichten

00:33:37: fand.

00:33:38: Er möge keine "Wenn, dann" Investments, hat er uns gesagt.

00:33:42: Und bei der Social Chain AG habe er irgendwann das Gefühl gehabt, dass es da ganz viel "Wenn,

00:33:46: dann" gibt.

00:33:47: Mehr Fantasie als Realität.

00:33:49: Er hatte den Eindruck, da entsteht Gear.

00:33:51: Beim Aufstieg in den regulierten Handel ist die Social Chain AG eine sehr große Wette

00:33:56: auf die Zukunft.

00:33:57: Sie ist eine Wette darauf, dass der Aufbau von Marken gelingen kann.

00:34:01: Dass die Social Media Accounts des Unternehmens weiterhin so erfolgreich sein werden.

00:34:05: Dass die Löwen genauso clever und erfolgreich sind, wie sie im Fernsehen immer wirken.

00:34:09: Die Aktie der Social Chain AG ist eine Wette.

00:34:13: Für Kleinanleger*innen und für die Löwenreif Dümmel und Geo Kofler, die große Aktienpakete

00:34:18: besitzen.

00:34:19: Und irgendwann merken sie, diese Wette wird nicht aufgehen.

00:34:23: Eigentlich wollte die Social Chain AG im Sommer 2023 eine Kapitalerhöhung durchführen.

00:34:41: Stattdessen kündigt sie am 24.

00:34:42: Juli an, Insolvenz anmelden zu wollen.

00:34:44: Die zwei Jahre zu vorgefeierte Löwenhochzeit endet in einer dramatischen Scheidung.

00:34:50: Nur dass es aus Sicht von Reif Dümmel einen guten Ehevertrag gibt.

00:34:53: Und so stürzt das Kartenhaus Social Chain 2023 zwar ein, die von Dümmel mit aufgebauten

00:34:59: DS-Gruppe es davon jedoch nicht betroffen.

00:35:01: Dennoch, der Schaden ist riesig.

00:35:04: Und natürlich fragt man sich, wie konnte das passieren?

00:35:07: Als wir Reif Dümmel und Geo Kofler danach fragen, was damals passiert ist, hören wir

00:35:13: Sätze, die sich sehr stark ähneln.

00:35:14: Argumente, die sich wiederholen.

00:35:16: Gründe, die beide gleichermaßen als ursächlich für den Absturz nennen.

00:35:20: Im Kern haben sie mit der Veränderung der weltpolitischen Lage zu tun, die durch Russlands

00:35:25: Angriffskrieg in der Ukraine ausgelöst wurde.

00:35:27: Die Stimmung kippte derart drastisch, wie ich es auch noch nie erlebt habe, mit den vielen

00:35:32: Krisen, die wir dann äh ja gesehen haben, hier von der Energiekrise über Inflation

00:35:38: und dann der dramatische Rückgang hier im Konsumklima.

00:35:41: Ja, die Leute haben nix mal gekauft und dann zum ganz schlimmsten kam natürlich der Krieg

00:35:45: dazu im Februar 2022, ja.

00:35:47: Und die Kapitalmärkte haben zugemacht.

00:35:50: Tatsächlich ändert sich die Lage damals schlagartig.

00:35:53: Die Energiepreise schießen in die Höhe.

00:35:54: Um die daraufhin einsetzende Inflation einzudämmen, erhöhen die Notenbanken damals in schnellen

00:35:59: Schritten die Leitzinsen.

00:36:00: 2021 konnten sich Banken quasi noch umsonst Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen.

00:36:06: Bis September 2023 steigt der Zins dann aber rasant auf 4,5%.

00:36:11: Sparer*innen freut das damals, aber viele Unternehmen, die stark auf Wachstum gesetzt

00:36:16: hatten, müssen plötzlich umschwenken.

00:36:18: Profitabilität wird wichtiger, Geld hat wieder einen Preis bekommen.

00:36:22: Die Kurse vieler Tech-Aktien, die während der Corona-Pandemie rasant gestiegen waren,

00:36:28: brechen ein.

00:36:29: Das spürt auch Frank Thelen, der mit seinem 10xDNA-Fonds nahezu am Höhepunkt des Hypes

00:36:34: erst auf den Markt kam und dadurch hohe Kursverluste eingefahren hat.

00:36:38: Aktuell liegt der Fonds knapp 40% im Minus und diese Marktentwicklung spürt damals auch

00:36:44: die Social Chain AG.

00:36:45: Wir hatten natürlich große Pläne und die mussten wir alle von einem Tag aufeinander

00:36:50: adakt erlegen, weil die Dramatik des Alltags uns sofort eingefangen hat und natürlich

00:36:58: auch der gesamte Markt uns gesagt hat, sorry non food, da haben wir unser Lager voll,

00:37:04: hier alle die Lidls und Obis und so weiter, haben gesagt 20, 30, 40% weniger Umsatz, wir

00:37:10: finden euch schon gut und eure Produkte geht, aber im Moment können wir nichts kaufen.

00:37:13: Und online genauso Einbruch, genauso die Aktienkurse unserer natürlich auch ist abgerauscht, aber

00:37:20: eben der von hunderten anderen E-Commerce Unternehmen auch.

00:37:24: Darüber wurde nur nicht so viel geschrieben, mehr wurde natürlich überall von mich geschrieben,

00:37:28: weil wir dadurch die Höhepunkt etwas bekannter waren.

00:37:31: Die Schuld nur auf die Märkte und die Weltpolitik zu schieben, würde dem Problem der Social

00:37:35: Chain aber nicht gerecht, denn die sind deutlich vielschichtiger.

00:37:39: Auch losgelöst von Krieg und Inflation brennt es an allen Ecken und Enden.

00:37:43: Und auch die Berichterstattung in zahlreichen Medien hat nicht nur etwas mit der Fernsehprominenz

00:37:49: der Löwen zu tun, sondern auch mit vielen Merkwürdigkeiten, die nach und nach bekannt

00:37:53: werden.

00:37:54: Im Juli 2023 macht die Finanzaufsicht Barfin publik, dass die Social Chain bei ihrem Jahresabschluss

00:38:00: für das Jahr 2021 falsche Angaben gemacht hatte.

00:38:05: Es ging um Angaben beim Cashflow aus operativer Tätigkeit.

00:38:08: 2021 hatte die Social Chain 50 Millionen Euro aus einem Kredit, fälschlicherweise als Einnahmen

00:38:15: aus operativer Tätigkeit verbucht.

00:38:17: Vereinfacht gesagt, das ist in etwa so, als würde ich mir einen Mietwagen ausleihen und

00:38:22: vor anderen so tun, als hätte ich den komplett selbst bezahlt.

00:38:24: Aber das ist längst nicht die einzige Merkwürdigkeit.

00:38:28: Bei manchen Dingen haben die Marketing-Männer Kofler und Dimmel den Mund vielleicht einfach

00:38:32: etwas zu voll genommen.

00:38:33: Beim Grillhersteller Landmann zum Beispiel.

00:38:36: Den hatte die DS Holding erst 2020 aus der Insolvenz gekauft, weil die Marke zwar traditionsreich

00:38:42: und bekannt ist, aber mit der harten Konkurrenz und damit zu kämpfen hat, dass der Großteil

00:38:46: der Produkte nur im Frühjahr und Winter verkauft wird.

00:38:48: Und natürlich ist die Marke weit davon entfernt, auch nur ansatzweise in einer Liga mit Weber

00:38:54: Grill zu spielen.

00:38:55: Dafür reicht schon ein Blick auf die Instagram-Accounts.

00:38:57: Die deutsche Landmann-Seite hat nicht mal 4.000 Follower*innen.

00:39:01: Bei Weber Grill sind es fast 70.000, alleine Deutschland.

00:39:04: Apropos Zahl der Follower*innen.

00:39:07: Bei der Löwenhochzeit und dem anschließenden Börsen-Upgrade ließen die Verantwortlichen

00:39:12: offenbar einige wesentliche Informationen öffentlich eher unter den Tisch fallen.

00:39:15: So berichtete das Manager-Magazin beispielsweise bereits 2021, dass der Großteil der 85 Millionen

00:39:22: Follower*innen in sozialen Netzwerken, von denen Georg Kofler immer sprach, in den USA

00:39:26: oder Indien lebt, während Dimmels-DS Produkte eher auf den deutschen Markt fokussiert ist.

00:39:31: Die Möglichkeiten über Social Media aus Dimmels Produktpaletten Marken aufzubauen, sind daher

00:39:37: schon damals ohne Internationalisierung oder den massiven Aufbau von Social Media-Power

00:39:41: in Deutschland kaum möglich.

00:39:43: Georg Kofler hat mir gesagt, dass man eigentlich in diesem Bereich noch investieren wollte,

00:39:48: dann aber der Kostenbruch so groß wurde, dass man erst mal darauf reagieren musste.

00:39:52: Als wir mit Ralph Dimmel über die Themen Social Media und Internationalisierung sprechen

00:39:57: und auch nochmal auf die kurze Zeit eingehen, in der der Deal damals verhandelt wurde, räumt

00:40:02: er ein, dass man damals vielleicht nicht alles richtig gemacht hat.

00:40:04: Das Herz hat relativ schnell, und Bauch hat relativ schnell ja gesagt, vielleicht hätte

00:40:09: Kopf ein bisschen mehr prüfen müssen oder mehr sich Gedanken machen müssen, das kann

00:40:12: man aus heutiger Sicht im Nachhinein, wenn man rauskommt aus der Tür ist man schlauer,

00:40:17: also da hätte man vielleicht das eine oder andere mehr prüfen können müssen sollen,

00:40:22: aber wir waren einfach von der Sache, wir haben das so dran geglaubt alle, dass wir das auch

00:40:25: relativ schnell umsetzen wollten.

00:40:26: Und auch in anderen Bereichen gab es damals laut Manager-Magazin viel Blendwerk, dass dabei

00:40:32: half, den Börsenwert der Social Chain in der Spitze auf mehr als 800 Millionen Euro zu

00:40:36: hiefen.

00:40:37: So befanden sich unter den mehr als 1000 Mitarbeitenden, zwar rund 300 Social Media-Expertinnen.

00:40:42: Die arbeiteten allerdings überwiegend im Agenturbereich, also für andere Unternehmen,

00:40:47: wie die Kopfhörer Marke Beatz.

00:40:48: Davon hatten die E-Commerce-Unternehmen unter dem Dach der Social Chain am Ende aber natürlich

00:40:52: kaum etwas.

00:40:53: Beim Umsatz wiederum, der zum Start an der Frankfurter Börse mit mehr als 600 Millionen

00:40:58: Euro beziffert wurde, erwähnten Koffler und Dümmeln damals nicht, dass davon offenbar

00:41:03: fast 20 Prozent aus Deals mit Masken und Antigen-Schnelltests bestanden, die DS-Produkte dank der guten

00:41:08: Kontakte nach Asien damals besorgen konnte.

00:41:11: Dass der Weg zur Umsatzmilliarde, damit nach dem Ende der Pandemie deutlich länger werden

00:41:16: würde, dürfte vielen Anleger*innen nicht klar gewesen sein, als sie die Aktie beim Start

00:41:20: im regulierten Handel gekauft haben.

00:41:22: Also ich finde die Kritik teilweise berechtigt, weil wir natürlich nicht jeden Umsatz hier

00:41:30: genau aufgeschlüsselt haben, aber immer klar gesagt haben, ja wohl, es gab da Sonderumsätze

00:41:35: durch diese Corona-Maske und ähnliches, aber unsere eigentliche Story war ja, dass wir

00:41:41: Social Media, Online-Business, Retail-Business zusammenführen und dadurch wachsen, weil wir

00:41:48: eine breitere Vertriebsbasis haben.

00:41:50: Wir haben euch in dieser Staffel ja anhand einiger Beispiele erzählt, dass bei manchen

00:41:54: DHDL-Startups das Motto "Fake it till you make it" auch Teil der Wachstums-Story war.

00:41:59: Das Studio ist eine Arena, in der Investor*innen auf Gründer*innen treffen.

00:42:03: Aber es ist eben am Ende nur ein Schaukampf, weil die Warenverhandlungen im Anschluss an

00:42:07: die Sendung erst beginnen.

00:42:09: Die Zuschauen bekommen davon bis heute in der Sendung nichts mit.

00:42:12: Georg Kofler und Ralph Dümmel sind begnadete Verkäufer.

00:42:16: Sie sind impulsiv, emotional, sie können kalkulieren, aber vertrauen bei vielen Dingen auch auf

00:42:21: ihren Bauch.

00:42:22: Ihre Art ist perfekt für die DHDL-Arena geeignet, weil sie die Zuschauen unterhalten, mitreißen,

00:42:28: weil hier am Ende auch Träume und Visionen verkauft werden sollen.

00:42:31: In der Löwenhöhle ist jeder Deal zunächst mal ein Erfolg.

00:42:35: Man sieht strahlende Gesichter, wenn sich Löwen und Gründer*innen die Hand geben.

00:42:39: Und man sieht Investor*innen, denen gefühlt nie das Geld ausgeht.

00:42:42: Wenn sie wollen, machen sie ein Angebot.

00:42:45: Und wenn nicht, dann wirkt es immer so, als habe das ausschließlich inhaltliche Gründe.

00:42:50: Geschäftsfeld passt nicht, Bewertung passt nicht oder natürlich die Formel, mit der sich

00:42:54: jede Verhandlung beenden lässt.

00:42:55: Ich bin nicht der richtige Investor für sie, andere können ihnen mehr helfen, aber ich

00:43:00: wünsche ihnen viel Glück.

00:43:01: Bei der Social Chain läuft es anders.

00:43:04: Da endet die Geschichte nicht nach der Löwenhochzeit oder dem Leuten der Börsenglocke.

00:43:08: Da geht es sofort weiter und nach allem was man so hört, merken auch die Verantwortlichen

00:43:13: von DS-Produkte sehr schnell, dass sich die Dinge nicht so entwickeln, wie sie selbst das

00:43:17: gehofft hatten.

00:43:18: Denn klar, einerseits gab es die großen Krisen rund um den Ukraine-Krieg, die Einfluss auf

00:43:22: das Geschäft hatten.

00:43:23: Aber umgekehrt sind die Synergien der beiden Firmen eben doch nicht von Anfang an so groß,

00:43:28: wie man das wohl gehofft hatte.

00:43:29: Ich muss ehrlich sagen, ich habe da wahnsinnig dran geglaubt und es hat überhaupt nicht

00:43:35: so funktioniert, wie wir dachten.

00:43:37: Jetzt ist es auch auf dem Schreibtisch mal schnell so ein Mercher besprechen.

00:43:40: Das geht einfach, aber ein in zwei, drei Jahren sehr stark wachsendes Börsenunternehmen und

00:43:46: ein 51-jähriges Familienunternehmen so zusammenzubringen.

00:43:50: Das sind schon auch komplett unterschiedliche Kulturen und das hat nicht so funktioniert.

00:43:56: Als sich die Lage immer weiter verschärft, versucht die Social Chain nochmal, das Ruder

00:44:01: herumzureißen.

00:44:02: 2022 wurde bereits der Mehrheitsanteil an Koro verkauft.

00:44:07: Auch Ravensberger Matratzen wird abgestoßen.

00:44:10: Einige Monate später trennt man sich auch vom Agenturgeschäft in England und den USA.

00:44:14: Der CEO Wania Oberhof legt sein Amt nieder und Georg Kofler übernimmt persönlich die

00:44:19: Führung.

00:44:20: Doch auch er schafft es nicht, die dringend nötige Kapitaleerhöhung abzuschließen.

00:44:24: Die Insolvenz ist nicht mehr abzuwenden.

00:44:27: Schnell tauchen Berichte auf, dass es ausgerechnet eine ausgebliebene Zahlung des umstrittenen

00:44:33: Investors Lars Windhorst gewesen sein soll, die das Ende der Social Chain einleutete.

00:44:37: Dessen Firmengruppe bestätigt der entsprechende Gespräche.

00:44:41: Doch wer jetzt da am Ende welche Zusagen nicht eingehalten haben soll, ist unklar.

00:44:45: Beide Seiten schieben sich damals gegenseitig die Schuld zu.

00:44:49: Vielleicht wird diese Frage irgendwann vor Gericht geklärt, denn es ist noch immer möglich,

00:44:54: dass die Insolvenz ein juristisches Nachspiel hat.

00:44:57: Es gibt nämlich so vieles in der vergleichsweise kurzen, aber turbulenten Geschichte der Social

00:45:01: Chain AG, bei dem man sich fragt, was genau da los war.

00:45:04: Das Handelsblatt berichtet beispielsweise, dass Ex-CEO Wania Oberhof seinem früheren

00:45:10: Chef-Officeer Georg Kofler knapp drei Wochen vor der Insolvenz der Social Chain für knapp

00:45:15: zwei Millionen Euro Aktien des Unternehmens abgekauft haben soll.

00:45:18: Aber wieso meldet er das Großinvestment nicht der Finanzaufsicht Barfin, obwohl das Pflicht

00:45:23: ist?

00:45:24: Und warum wurde nicht transparent gemacht, dass die Social Chain die Anteile von Koro

00:45:28: indirekt unter anderem an Kofler und Dünnel verkauft hat?

00:45:31: Und wieso übernahm bei Ravensberger Matratzen am Ende der Sohn von Georg Kofler die Mehrheit,

00:45:36: als die Social Chain das Unternehmen vor der Insolvenz verkauft hat?

00:45:39: Auch der Nussproduzent Klassen landet am Ende über Umwege wieder in den Händen der Social

00:45:45: Chain-Gesellschafter.

00:45:46: Das Unternehmen wird inzwischen vor Dimmels Geschäftspartner Hanno Hagemann über ein

00:45:50: Firmenkonstrukt kontrolliert.

00:45:51: Selbst DS Produkte, das Unternehmen mit dem Ralf-Dimmel groß wurde, ist inzwischen wieder

00:45:57: bei ihm und seinem Geschäftspartner Hanno Hagemann gelandet.

00:46:00: 2021 hatten die beiden das Unternehmen für rund 220 Millionen Euro an die Social Chain

00:46:06: verkauft.

00:46:07: Nun können sie es für gerade mal 6,5 Millionen Euro zurückkaufen.

00:46:11: Klar, ein Großteil der 220 Millionen Euro ist durch die Pleite weg, weil der Preis zu

00:46:17: großen Teilen in Aktien bezahlt wurde, die nun nichts mehr wert sind.

00:46:21: Aber ein Teil des Kaufpreises waren eben auch 100 Millionen Euro in Bar und gemessen

00:46:25: daran wirken 6,5 Millionen Euro doch geradezu wie ein Schnäppchen.

00:46:29: Ist Dimmel also der große Gewinner der Pleite?

00:46:33: Hatte Georg Kofler also von Anfang an recht?

00:46:35: Er selbst sieht sich nicht so.

00:46:43: Das ist aber ein falsches Rechenmodell, weil da muss man gucken, wie ist die Firma

00:46:47: dann verschuldet gewesen zu dem Zeitpunkt.

00:46:49: Also das ließ sich auf dem Papier ganz gut, so gut war es dann nicht, wie sich das da

00:46:53: liest.

00:46:54: Steuern zahlt es auch noch, also jetzt muss man sagen, wie kann man ja nicht.

00:46:58: Aber es war nicht so, wenn dein Beispiel ist für den Preis verkauft und zu dem zurückgekauft,

00:47:03: da ist der Wert der Firma zu einem dem Zeitpunkt, wie er da war, mit einer höheren Verschuldung

00:47:08: später ein ganz anderer gewesen.

00:47:09: Insofern sieht das nicht ganz so doll aus, aber das ist eher auch das Herz.

00:47:15: Das ging gar nicht um die finanziellen Dinge, sondern wir haben gesagt, ey, das ist unser

00:47:18: Baby und jetzt haben wir einen Ausflug gemacht, der nicht richtig war und trotzdem wollen wir

00:47:23: das Baby zurück und hätten ja auch überlegen können, ob wir in Urlaub fahren, sehr lange

00:47:27: und Hinflug buchen ohne Rückticket.

00:47:29: Und auch Georg Kofler weiß die Vorwürfe zurück.

00:47:32: Man habe sich vor der Pleite noch schnell ein paar Filetstücke der Social-Chang geschnappt,

00:47:36: während die Kleinanleger in Leer ausgegangen sind.

00:47:38: Also, nee, das möchte ich hier in aller Leidenschaft und Ehrenhaftigkeit hier zurückweisen.

00:47:48: Wir haben da nichts für uns selber rausgenommen, sondern ganz im Gegenteil, wir haben von

00:47:53: unserem privaten Geld so viel reingetan, dass wir diese kleinen Firmen, da hätten wir

00:47:59: null kompensieren können damit.

00:48:01: Das waren lauter Problemfälle.

00:48:03: Generell habe man rechtlich alles genau geprüft bei diesen Transaktionen.

00:48:08: Immerhin habe man gewusst, dass die genau unter die Lupe genommen würden.

00:48:11: Also, das ist nicht meine Lebensanstellung erstes und zwar ist es so bescheuert, bin

00:48:16: ich wirklich nicht, dass ich nicht wüsste, dass da jeder Jurist erstmals darauf schauen

00:48:20: würde.

00:48:21: Georg Kofler sagt, er bedauere, dass andere Menschen Geld durch die Insolvenz der Social

00:48:25: Chain verloren hätten.

00:48:26: An der Börse kostet die Aktie inzwischen nicht mal mehr 2 Cent.

00:48:30: Der Verlust der Anleger*innen liegt aktuell bei nahezu 100 Prozent.

00:48:34: Als wir mit Reif Dümmel gesprochen haben, wollten wir wissen, ob es einen Punkt gab,

00:48:39: an dem ihm klar war.

00:48:40: Das wird hier nichts mehr.

00:48:41: Aber Reif Dümmel sagt bei unserem Treffen, es habe nicht den einen Stichtag gegeben.

00:48:45: Das ist gar nicht so den Prozess, den du wirklich so am Tag fangst, sondern du denkst, oh,

00:48:50: wie ende ich das jetzt?

00:48:51: Moment, da muss doch was anderes, dann müssen wir uns da doch was einfallen, denn suchst

00:48:54: du Lösungen, denn investierst du da nochmal, guckst da nochmal und so weiter.

00:48:58: Das ist ein Prozess, der wirklich dann auf einmal merkst du, oh, es wird immer schwerer,

00:49:03: immer schwerer, dann willst du es ja gar nicht wahrhaben, kennst nochmal mehr, kremlst

00:49:06: die Ärmel nochmal ein höher und so weiter und merkst dann doch, dass du da gegen die

00:49:10: Wand läuft.

00:49:11: Warst du unternehmerisch härteste Phase in deinem Leben?

00:49:15: Ja.

00:49:16: Irgendwann, sagt Reif Dümmel, habe ihn seine Mutter angerufen, weil sie von der Insolvenz

00:49:20: der Social Chain mitbekommen habe.

00:49:22: Sie habe sich Sorgen um ihren Sohn gemacht, um DS Produkte.

00:49:26: Reif Dümmel sagt, er habe sie damals beruhigt.

00:49:29: DS Produkte sei nicht insolvent.

00:49:31: Dennoch, eine Belastung war die Zeit auch für ihn.

00:49:35: Er will seine Mitarbeitern entschützen, das Unternehmen retten.

00:49:38: Er muss für Vertrauen bei Geschäftspartner*innen sorgen.

00:49:41: Und natürlich, sagt er, habe er sich auch Gedanken über andere Betroffene gemacht.

00:49:45: Also ich zumindest, dir machst du den Gedanken von wegen, ey, jetzt mit Aktien weiß jeder

00:49:50: Mensch auf der Welt, wer in Aktien investiert, der hat was Positives oder was Negatives,

00:49:55: aber du denkst dann auch von wegen, oh jetzt haben da Leute vielleicht auch wegen dir,

00:49:58: weil sie daran geglaubt haben, Geld verloren, das geht nicht an einem Spur los vorbei.

00:50:03: Also das hat Tat mir weh, tut mir heut noch weh.

00:50:05: Derjenige, der wohl am meisten Geld verloren haben dürfte, ist Georg Kofler.

00:50:10: Er war der größte Anteilseigner der Social Chain.

00:50:13: Er war der Schöpfer der Idee, dass Gesicht nach außen, der große Medienmanager, der

00:50:17: es noch einmal allen zeigen wollte.

00:50:20: Als ich mit Georg Kofler über die Pleite der Social Chain spreche, frage ich ihn, wie viel

00:50:24: Geld er am Ende verloren hat.

00:50:25: Das steht ja auch in den Balanzen, ich habe da so an die 40 Millionen hier, Gesellschafta

00:50:31: Dalindringe gehabt, plus noch Equity, also sagen wir mal in einem höheren, zweistelligen

00:50:36: Millionenbereich, war das schon.

00:50:38: Also da hätte ich mir schon eine hier in Berlin am Wannsee eine ganze Willensiedlung dafür

00:50:45: kaufen können.

00:50:46: Er sagt auch, dass ein privates Umfeld in dieser Zeit wichtig gewesen sei.

00:50:51: "Ich halte schon viel aus", hat er mir gesagt.

00:50:54: Dennoch, wenn man vorher so oft Erfolg gehabt habe, sei die eigene Selbstwahrnehmung ja

00:50:58: nicht, dass man so mit Karacho scheitern könne.

00:51:01: "Das hat schon weh getan, ja.

00:51:03: Und das rüttelt natürlich am stärksten Selbstbewusstsein.

00:51:06: Aber auch hier kann ich sagen, Zeit heilt natürlich wie immer Wund und man kommt schon

00:51:13: wieder in Tritt, aber man muss schon weitermachen, man darf nicht die Zuversicht hier verlieren.

00:51:19: Und manche sind natürlich auch ernüchternd, sie ist doch ganz klar, ja, in solchen Situationen,

00:51:26: da kann man sich nicht mehr auf viele verlassen."

00:51:29: Ich habe viele Fragen zur Social Chain.

00:51:32: Wir sprechen so lange, dass er zu spät zu einer Verabredung zum Mittagessen kommt.

00:51:36: Er erzählt, dass er am nächsten Tag noch eine andere Verabredung hat.

00:51:40: Mit Reif Dümmel.

00:51:41: Beide sagen unabhängig voneinander, dass sie sich noch immer gut verstehen.

00:51:45: Ein gemeinsames Essen.

00:51:47: So fing auch alles an.

00:51:49: Ich frage Georg Kofler, ob er rückblickend lieber auf dieses ganze Abenteuer Social Chain

00:51:53: verzichtet hätte.

00:51:54: Wäre es nicht besser gewesen, die beiden hätten damals nicht diese Idee entwickelt,

00:51:59: sondern einfach einen Nachtisch gegessen und dann weiter gedreht?

00:52:01: "Ja, ach, weißt du, so ist eben das unternehmerische Leben oder ein Leben, das eher so wie mein

00:52:10: Leben ist auf Abenteuer und Veränderung und Neuigkeit und Neugierde ausgerichtet ist.

00:52:16: Ich hätte mich natürlich längst nach dem Börsengang von ProSieben auch schon zur

00:52:20: Ruhe setzen können, ja, spätestens nach dem Börsengang von Premiere, ja.

00:52:24: Aber mir ist das Leben dann zu langweilig, zu wenig inspirierend, ja.

00:52:29: Also, ich werde immer was riskieren, mich interessiert, einen Ruhestand nicht."

00:52:34: Scheitern sei im TV nicht gut zu bebildern.

00:52:36: Das hat uns jemand aus dem Produktionsteam gesagt.

00:52:39: Als es darum ging, weshalb die geplatzten Deals der ersten Staffeln in der Sendung unter

00:52:43: den Teppich gekehrt wurden.

00:52:44: Und natürlich passt das Scheitern von Löwen erst recht nicht in die Erzählung des Formats.

00:52:49: Dass das Sangen und Klang los abseits der Showbühne passiert und unkommentiert bleibt, hat bei

00:52:54: DHDL schließlich schon Tradition.

00:52:56: Egal ob es um den unternehmerischen Untergang des Reiseunternehmers Wurall Öger, die von

00:53:01: Flöcke Eskapaden von Franktelen oder die Schwierigkeiten von Jochen Schweizer's Gutscheinportal

00:53:06: ging.

00:53:07: Und so ist Ralf Dümmel am 28.

00:53:09: August 2023 in der ersten Folge von Staffel 14 schon wieder auf dem Löwensessel zu sehen.

00:53:14: Fast auf den Tag genau vier Wochen nach Bekanntgabe der Social Chain Insolvenz.

00:53:19: Er probiert Brezelpizza und berichtet stolz von den Ergebnissen seines Investments in

00:53:24: das Start-up-Schreib-Athlet.

00:53:25: 6 Millionen Euro Handelsumsatz habe das Kinderlernheft-Schreibpilot inzwischen gemacht, schwärmt er.

00:53:31: Ralf Dümmel wirkt nicht wie ein Boxer, der in der Vorrunde fast K.O. gegangen wäre,

00:53:36: sich aber mit einem blauen Auge nochmal aufrichtet, um weiter zu kämpfen.

00:53:39: Im DHDL-Ring bleibt er der Star-Investor im schicken Anzug.

00:53:43: Um es mit Queen zu sagen, über einen Ausstieg bei DHDL habe er sich nie Gedanken gemacht,

00:53:53: hat uns Ralf Dümmel erzählt.

00:53:55: Dabei dürfte ihm die Karten gespielt haben, dass der Absturz der Social Chain in eine

00:53:59: Zeit viel, in der ohnehin keine Drehtage anstanden.

00:54:02: Als es weiter ging mit DHDL, hatte er seine Firma längst wieder zurück.

00:54:06: Social Chain?

00:54:07: War da was?

00:54:08: Im Studio gibt es Business as Usual, weil ja auch die Show im Grunde inzwischen Business

00:54:13: as Usual ist.

00:54:14: Sie ist für Vox-Verhältnisse immer noch erfolgreich, hat immer noch ordentliche Einschaltquoten,

00:54:30: auch wenn diese zuletzt nicht mal ansatzweise mehr an das 3 Millionen Publikum aus den

00:54:34: Anfangsstaffeln rankommen.

00:54:36: Dafür gibt es ständig neue Löwen.

00:54:38: Vox lässt inzwischen zwei Staffeln pro Jahr produzieren, eine für das Frühjahr, eine

00:54:42: für den Herbst.

00:54:44: Es gibt mehr Löwen im Fernsehen, aber weniger Hype im Handel.

00:54:47: Das Magazin zur Sendung gibt es nicht mehr.

00:54:50: Der Pop-Up Store in Köln hat geschlossen.

00:54:54: Immerhin das alte Eingangstor, ähnlich wie das im Studio, kann man noch sehen, wenn man

00:54:59: in das Dymorca-Ränen in Köln geht.

00:55:02: Gerade feiert die Sendung ihren 10.

00:55:03: Geburtstag mit einer Jubiläumsstaffel.

00:55:06: Dafür sind auch Frank-Telen und Jochen Schweitzer noch mal an das Set zurückgekehrt.

00:55:10: Aber unter den regulären Löwen ist von der Ursprungsbesetzung nur noch Judith Williams

00:55:13: übrig geblieben.

00:55:15: Denn nach Wural Öger, Linke Wischhosen und Jochen Schweitzer war nach der 6.

00:55:19: Staffel auch Frank-Telen ausgestiegen.

00:55:21: Und auch hinter den Kulissen gab es große Veränderungen.

00:55:23: Der Vox-Chef Bernd Reichert, der das Format ins TV brachte, ist längst nicht mehr Vox-Chef,

00:55:29: sondern Chef einer Sportmanagementfirma, die sich im Auftrag von Clubs wie Real Madrid

00:55:33: für die Einführung einer europäischen Super League im Fußball stark macht.

00:55:38: Sony-Geschäftsführerin Astrid Quintel und Vox-Chef Redakteur Kai Sturm, die hartnäckig

00:55:42: geblieben sind, als keiner in Deutschland an das Format geglaubt hat, haben ihren jeweiligen

00:55:46: Arbeitgeber inzwischen verlassen.

00:55:48: Was sie künftig machen, ist noch nicht bekannt.

00:55:51: Und dann ist dann auch Andrea Jaillet.

00:55:54: Sie ist knapp 10 Jahre lang das Mastermind hinter der ganzen Geschichte, weil sie aus

00:55:58: tausenden Stunden Bildmaterial im Schnittraum die Folgen komponiert hat.

00:56:02: Inzwischen ist sie Head of Entertainment bei einer anderen großen Produktionsfirma.

00:56:07: Auch Sony Pictures gibt es nicht mehr.

00:56:10: Die Produktionsfirma wurde inzwischen vom konkurrenten Bunny-Jai übernommen.

00:56:13: 10 Jahre nach dem Start von Hüte der Löwen sind die Schöpfer*innen dieses Erfolgs weitergezogen.

00:56:20: Das Format ist ein Dauerbrenner im TV, ähnlich wie andere Evergreens wie "Deutschlands sucht

00:56:26: den Superstar" oder das "Junglecamp".

00:56:29: Unternehmertum und Fernsehen, das ist heute kein Gegensatz mehr.

00:56:32: Zumindest nicht mit Blick auf die Hüte der Löwen.

00:56:36: In der Breite gilt das hingegen weiter hin.

00:56:38: Selbst Löwenpower hat in der Vergangenheit nicht geholfen.

00:56:41: Karsten Maschmeyer und Jochen Schweizer haben es mit eigenen Showformaten versucht.

00:56:46: Doch weder Maschmeyers Show "Start Up" bei Sat.1, noch Schweizer ist der Traumjob bei Pro7 funktionieren.

00:56:52: Selbst TV-Legende Stefan Raab konnte mit das Ding des Jahres keinen DHDL-Konkurrenten aufbauen.

00:56:58: Anfänglich sind die Quoten zwar ordentlich, aber nach drei Staffeln war 2020 bei dem von

00:57:03: Stefan Raab produzierten Formatschluss.

00:57:05: Ist DHDL also einfach ein Einzelfall?

00:57:16: Ein Format, das seit Jahren erfolgreich ist, aber ansonsten nicht viel verändert hat?

00:57:21: Wir haben immer wieder die Löwen und Gründer*innen gefragt, wie sie es sehen.

00:57:25: Zum Beispiel Linke Wischhosen, die in den ersten beiden Staffeln als Löwen dabei war.

00:57:29: Ich glaube, was wir schon erreicht haben, dass das Thema Start Up und junges Unternehmertum,

00:57:36: Gründertum eine ganz andere Rolle spielt.

00:57:39: Und dass sich heute mehr Leute vorstellen können, doch mal ihre Idee, die sie im Kopf haben,

00:57:45: auf die Straße zu kriegen und irgendwie dieses Risiko einzugehen.

00:57:48: Ob wir es geschafft haben, das Bild des mittelständischen Unternehmers der Unternehmer*innen zu ändern?

00:57:56: Wenn wir ein Fragezeichen dranhängen, das glaube ich nicht.

00:58:00: Carsten Maschmeyer hat uns gesagt, die Neidkultur in Deutschland sei noch immer sehr ausgeprägt.

00:58:05: Unternehmer*innen im Allgemeinen würden immer noch oft als Menschen gesehen die Andere ausbeuten.

00:58:11: Dennoch habe die Sendung etwas bewirkt.

00:58:13: Viele wüssten jetzt, wie eine Kapitalerhöhung funktioniert.

00:58:16: Und auch abseits des reinen Themas Unternehmertum habe DHDL etwas verändert.

00:58:21: Viele werden mutiger für Bewerbungsgespräche, weil es ein bisschen ja auch Rhetorikunterricht ist.

00:58:27: Wie präsentiere ich was, wie antworte ich auf harte oder fachliche Fragen.

00:58:32: Ah so, ah, beim nächsten Gehaltsgespräch mache ich das eine auch mal.

00:58:37: So ähnlich hat uns das auch Ralph Dimmel erzählt.

00:58:40: Er hat außerdem betont, wie stark die Sendung den Handel verändert habe.

00:58:44: Also selbst der Handel hat ja inzwischen Start Up-Programme.

00:58:48: Ob das QVC Next ist, bei Rewe gibt es ein eigenes Start Up-Programme.

00:58:52: Selbst die haben dann ja auch was getan.

00:58:54: Und da glaube ich hat Hülle Löwen echt was für getan.

00:58:57: Wir haben Dankmar Wölge gefragt, wer am Ende mehr für die Entwicklung der Start Up-Szene in Deutschland getan hat.

00:59:02: DHDL oder die Politik?

00:59:03: Es gibt große Unterstützung von der Politik.

00:59:07: Aber das Feeling, ich will jetzt, ich glaube die Politik kommt erst ins Spiel, wenn du das Gefühl hast,

00:59:17: aha, ich habe jetzt eine Idee und weiß was ich weiß.

00:59:19: Aber die Sendung glaube ich, gibt den ersten Anstoß den Mut zu haben, überhaupt zu gründen.

00:59:25: Auch Frank Thelen sagt, dass DHDL am Ende Teil einer Entwicklung war, die in Deutschland damals eingesetzt hat.

00:59:31: Wir waren vorhin überhaupt nicht vertreten in der Politik.

00:59:34: Dass die Verbände gegründet wurden, das war natürlich noch viel mehr, weil auch mehr Venture-Kapitel kamen,

00:59:38: halt der Gründerfonds zum Beispiel ist ein ganz wichtiger Baustand.

00:59:40: Und so weit es kamen ganz viele Baustände zusammen.

00:59:42: Aber Hülle Löwen war halt einer dieser Bausteine.

00:59:46: Ich glaube, das war so ein Gesamtsystem, was einfach dann hochgeschoben wurde.

00:59:49: Georg Kovler hofft, dass DHDL in den Köpfen der Menschen auch weiterhin etwas verändert.

00:59:55: Wir brauchen mehr Unternehmergeist in Deutschland.

00:59:58: Wir brauchen auch ein positives Image von Unternehmer in Deutschland.

01:00:02: Wir brauchen mehr öffentlichen Respekt, mehr Anerkennung für unternehmerische Leistungen und unternehmerische Risikobereitschaft.

01:00:10: Und ich glaube, dass die Hülle der Löwen die größte Bühne ist, die Unternehmertum als Lebensform, als Leidenschaft vermittelt.

01:00:20: Ja, die Unternehmertum erlebbar macht, erspürbar macht, ja, mit allen riesigen Nebenwirkungen.

01:00:40: Ach so, ihr fragt euch, was ich nach all diesen Gesprächen denke?

01:00:44: Wie ich das alles einschätze?

01:00:46: Was ich über die Löwen denke?

01:00:48: Lasst es mich vielleicht so formulieren.

01:00:50: Ich denke, dass...

01:00:52: Das war die letzte Folge von OMR Rabbit Hole, die Hülle der Löwen.

01:01:02: Wir hoffen, euch hat die Staffel gefallen.

01:01:04: Wenn das so war, dann empfehlt sie doch gerne weiter.

01:01:07: Und natürlich würden wir uns auch über eine positive Bewertung freuen.

01:01:11: Abonniert auch gerne diesen Kanal, dann verpasst ihr in Zukunft auch nicht, wenn es hier etwas Neues gibt.

01:01:16: Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.

01:01:20: OMR Rabbit Hole, die Hülle der Löwen, ist eine Produktion von POTSTARS bei OMR.

01:01:27: Redaktion und Recherche, Tanya Karasch und Florian Rinke.

01:01:32: Projektmanagement Florian Severin.

01:01:35: Postproduktion und Sounddesign Ignatz Engelmann, Hardy Haufe und Lily Hünn.

01:01:41: Coverdesign Simon Bart.

01:01:44: Foto und Video Luisa Wohl.

01:01:47: Executive Producer Konstantin Buhr und Vincent Kittmann.

01:01:52: Vielen Dank an alle aus dem OMR-Kosmos, die das Projekt unterstützt und möglich gemacht haben.

01:01:59: OMR-Kosmos.

01:02:03: [Musik]

01:02:05: ENDE

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